Wangen am Bodensee war über Jahrhunderte hinweg eine lebendige landjüdische Gemeinde, heute ist es ein idyllisch am Seeufer gelegenes Dorf mit bemerkenswerter Geschichte. Im Rückblick auf unwiederbringlich Verlorenes verfasste der aus Wangen stammende Dichter Jacob Picard seine landjüdischen Erzählungen in der dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts, bevor er ins amerikanische Exil aufbrach. Zu dieser Zeit lebte sein Generationsgefährte und Freund Nathan Wolf zusammen mit seiner Familie noch in Wangen. Der jüdische Arzt überlebte die Jahre der Verfolgung in der Schweiz, während Frau und Kinder in Deutschland zurechtzukommen versuchten. Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg kehrten die überlebenden Familienmitglieder in ihre Heimat zurück. Die Juristin Hannelore König, Tochter von Auguste und Nathan Wolf, hat das Leben ihrer Familie über die Generationen hinweg präzise erzählt, ihr Bruder, der Zahnarzt Gert Wolf, ist der Hüter des umfangreichen Bildarchivs zur Familiengeschichte. Die Ausstellung „Die Wolfs. Das Königprojekt“ präsentiert diese Familiengeschichte in einer Vielzahl von Objekten, Dokumenten und Bildern. Dabei greift die Dokumentation über die Nazizeit weit hinaus und erzählt über ein gutes Jahrhundert hinweg vom Davor und Danach in einer Familie und in einem Dorf, berichtet von Glück und Unglück, von Angst, Not und Tod, von Mut und Kleinmut und der erstaunlichen Bereitschaft zu vergeben und das Miteinander erneut zu wagen.
Zur Ausstellung erscheint im Tübinger Verlag Klöpfer & Meyer der großformatige Band „In der Heimat eine Fremde. Das Leben einer deutschen jüdischen Familie im 20. Jahrhundert. Erinnerungen und Dokumente“ von Anne Overlack, die auch die Ausstellung kuratiert. Der Band wird den Mitgliedern von Forum Allmende als Jahresgabe 2016 zugestellt.
Die Ansprache der Kuratorin Anne Overlack anlässlich der Eröffnung können Sie hier nachlesen.(pdf).